D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de

 

 

Urbi et orbi: Politiker und Parteien opjepass, sonst gibt es Grüße aus dem Glaushaus

 

 

Und es hat „rummms“ gemacht

 

KStA, 14. Mai 2004, Seite 4, von Wolfgang Brüser

 

Lieber Johannes Rau,

 

lieber Rumms-Redner, jetzt, da sich Ihre Tage als Bundespräsident dem Ende zuneigen, haben Sie aus Ihrer Seele keine Mördergrube gemacht. Sie haben es Deutschland gegeben - den Politikern, den Wirtschaftsbossen, den Taktierern, Tricksern und Täuschern, den Profiteuren und Profilsüchtigen und all den Jammerern vor dem Herrn. Natürlich, denen auch.

 

Sie haben also „rumms“ gemacht; und doch, so schien es irgendwie, traf Ihre Breitseite mit der Wucht eines Wattebauschs. Die Adressaten Ihrer Anklage, lieber Johannes Rau, traten jedenfalls vergnügt vor die Presse und taten so, als hätte die Schelte allen gegolten, nur nicht ihnen.

 

Was also, lieber Präsident, haben Sie falsch gemacht? Wie konnte es geschehen, dass Ihre machtvollen Worte von den Gemütern so abperlten wie Regen von konserviertem Lack? Kann es sein, dass das, was Sie sagten, von allen schon gesagt wurde - nur noch nicht von Ihnen?

 

Lieber Johannes Rau, Sie kommen mir vor wie ein Gast, der über Jahre hinweg tagtäglich in seine Stammkneipe ging, zusah, wie die Kellner ihre Finger in die Suppe steckten und schale Bierreste zusammenkippten. Er dachte sich seinen Teil und zahlte und ging. Und dann kam er wieder am nächsten Tag, lächelte und zahlte und ging. Tagein, tagaus, jahrelang.

 

Doch dann, als er fortzog und die Stammkneipe für immer verließ, da trat er hinaus auf die Straße und schimpfte: Sauladen! Mit Recht, aber zu spät.

 

Genau so, verehrter Bundespräsident, hätten Sie schon vor Jahren reagieren müssen. Das war Bestandteil Ihres Anstellungsvertrages mit den Menschen dieses Landes.

 

Johannes Rau, Sie sind spät dran.

 

Grüße aus dem Glashaus (*)

 

Ihr Wolfgang Brüser

 

@ wolfgang.brueser@mds.de

 

_________________________________________________

 

 

 

(*) für Nicht-Kölner, d.h., 98,795% der Bundesbürger: Das

"Glashaus" (wörtlich) ist ein architektonisches High-Light

in Köln. Dort arbeitet die Redaktion des KStA; dahinter eine

moderne Druckerei in der jede Zeitung der Welt hergestellt

werden könnte.