D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de

 

 

Die Show eines ratlosen Präsidenten

 

KStA, 15. April 2004, Seite 4, von Markus Günther

 

 

Die Pressekonferenz des amerikanischen Präsidenten war ein eindrucksvolles Dokument politischer Ratlosigkeit. Kurs halten, weitermachen, jetzt nicht schwach werden - das sind die floskelhaften Durchhalteparolen, mit denen Bush versucht, die wachsenden Ängste seiner Bürger vor einem Debakel im Stile des Vietnamkrieges zu zerstreuen. Die mehrfach wiederholten Fragen nach Fehlern und Fehleinschätzungen wies er zurück, auch wenn er darin viel weniger selbstsicher klang als früher. Die Rhetorik schien beinahe unverändert, doch im Gestus wirkte Bush verunsichert.

 

Sicher ist, dass Bush keine Alternative zur derzeit verfolgten Strategie sieht: Die amerikanische Schutz- und Besatzungsmacht soll im Irak weiter mit harter Hand und notfalls mit noch mehr Soldaten den Widerstand bekämpfen; der schrittweise Aufbau politischer Institutionen soll der amerikanischen Präsenz Legitimität geben. Dass diese Strategie nicht verhindern konnte, dass der Widerstand sich ausweitet und Teile des Landes in Anarchie verfallen, ist aber auch für das politische Publikum in den USA unübersehbar.

 

In welchem Maße Bush die immer verfahrenere Lage im Irak innenpolitisch schaden wird, ist gleichwohl viel weniger klar, als es scheinen mag. Richtig ist, dass der Wahlkampf für den Präsidenten schwieriger wird, weil ihm die vorzeigbaren Erfolge im Irak fehlen und er mit der Debatte um mögliche Versäumnisse im Anti-Terror-Kampf eine zweite Angriffsfläche ausgerechnet dort bietet, wo er auftrumpfen wollte: beim Thema Nationale Sicherheit. Andererseits führt die eskalierende Gewalt im Irak zu einer wachsenden Solidarität mit den eigenen Truppen, die Bush die Chance bietet, sich als „Kriegspräsident“ zu präsentieren, der auf die Unterstützung seiner Bürger angewiesen ist.