D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de

 

 

 

Auf der Web-Site der FDP am 6. April 2005 gefunden.

 

Niebel fordert neue Arbeitsmarktpolitik

 

Der designierte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hat im Interview mit dem Deutschlandfunk die Arbeitsmarktpolitik als das wichtigste innenpolitische Thema seiner Partei bezeichnet. Ein vernünftiges Steuerrecht für Arbeitnehmer und Unternehmer sei nötig. Außerdem müsse Deutschland wieder zu einem Innovationsland werden, um nicht noch mehr Stellen an das Ausland zu verlieren.

 

Jochen Spengler: Der Arbeitsmarktexperte Dirk Niebel soll neuer Generalsekretär der FDP werden. Gestern hat der Parteivorsitzende Guido Westerwelle offiziell den 42-jährigen Heidelberger Bundestagsabgeordneten als Nachfolger der Generalsekretärin Cornelia Pieper vorgeschlagen. Dirk Niebel soll Anfang Mai auf dem Bundesparteitag der FDP in Köln gewählt werden und er ist jetzt bei uns am Telefon. Guten Morgen Herr Niebel.

 

Dirk Niebel: Guten Morgen Herr Spengler.

 

Spengler: Herr Niebel, man hat ja manchmal den Eindruck, je kleiner die Partei, desto größer die Intrigen: Westerwelle gegen Gerhardt, Brüderle gegen Westerwelle, alle gegen Pieper. Sind Sie eigentlich sicher, dass Sie zum Generalsekretär gewählt werden?

 

Niebel: Sicher ist im Leben gar nichts, aber wir haben auch keine Intrigen, so wie Sie es dargestellt haben. Da wird sehr viel in die verschiedenen Funktionen hineingeheimst und wenn Sie zum Beispiel das Papier von Herrn Gerhardt zum Anlass nehmen, das ist eine Auftragsarbeit der Fraktion gewesen für unsere Klausurtagung am kommenden Wochenende. Da wird sehr viel Brimborium drum rumgemacht, das da gar nichts zu tun hat.

 

Spengler: Aber es ist doch merkwürdig, dass man einerseits der Frau Pieper den Auftrag gibt, sie möge an einem Parteiprogramm werkeln, was immer noch nicht zum Abschluss gekommen ist, und dann der Fraktionschef mit einem eigenen Wahlprogramm auf den Markt kommt?

 

Niebel: Nein, das sind zwei völlig unterschiedliche Ansätze. Es ist auch kein Wahlprogramm, sondern es ist ein Regierungsprogramm, das deutlich machen soll, dass wir inhaltlich und personell in der Lage sind, jederzeit die rot-grüne Regierung abzulösen. Das ist tagespolitisch orientiert!

 

Spengler: Also die Irritationen, die da entstanden sind, die liegen an der Öffentlichkeit und nicht an der Partei?

 

Niebel: Richtig, denn der Teil, den Frau Pieper zu leisten hat mit der Programmkommission, ist die Fortschreibung des längerfristigen Programms der Freien Demokraten und hat mit den aktuellen Tagesgeschehnissen insofern nichts zu tun. Das heißt, es sind zwei unterschiedliche Paar Stiefel und beides sind keine Wahlprogramme, denn dazu kommen wir erst noch. Wir haben im Mai einen Parteitag, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden, und aus den Ergebnissen heraus wird dann erst ein Wahlprogrammvorschlag entwickelt, der wiederum von einem Parteitag zu beschließen ist.

 

Spengler: Aber ein bisschen schlecht verkauft haben Sie es?

 

Niebel: Ach Gott, es gibt vielleicht ein paar Abzüge in der B-Note, aber da muss man mit leben. Das Thema ist jetzt vorbei.

 

Spengler: Nun scheint es ja Kontinuität zu geben. Guido Westerwelle hat Frau Pieper am Wochenende mit den Worten gewürdigt, sie habe eine fröhliche und lebensbejahende Arbeit geleistet, und gestern stellte Westerwelle Sie ganz ähnlich vor. Mit Ihnen käme - ich zitiere - ein lebensbejahendes, fröhliches und optimistisches Wesen in ein Spitzenamt. Ist Fröhlichkeit eine Voraussetzung für das Amt?

 

Niebel: Fröhlichkeit ist keine zwingende Voraussetzung, aber ich denke bei allen Problemen, die das Leben manchmal so mit sich bringt, ist es gar nicht schlecht, wenn man auch die positiven Seiten sieht. Ich bin ein lebensbejahender Mensch. Ich liebe meine Frau, meine Kinder, meinen Hund. Aber ich kann Ihnen versichern: ich werde nicht den Gute-Laune-Bär geben. Der politische Gegner kann sich schon darauf einstellen: wenn ich eine Möglichkeit habe, ihn zu stellen, werde ich das tun.

 

Spengler: Das klingt ein bisschen so, als käme da die Spaßpartei zurück?

 

Niebel: Ich habe Spaß an Politik, weil ich das große Privileg hatte, mein Hobby zum Beruf machen zu dürfen. Das haben sonst nur Fußballprofis. Ich empfinde das als Privileg und würde mir wünschen, dass in dieser anderen Fraktion diejenigen, die Politik hauptberuflich machen dürfen, das auch nicht immer vergessen wird.

 

Spengler: Aber das Guido-Mobil werden wir nicht wieder erleben?

 

Niebel: Wir werden die Konzeption für den Wahlkampf 2006 natürlich nicht machen, solange die Führungsspitze noch nicht gewählt ist und solange noch nicht klar ist, wie das Präsidium und der Bundesvorstand zusammengesetzt sind. Das kommt dann auf den nächsten zu wählenden Bundesvorstand zu. Dazu kann ich Ihnen im Moment noch keine Aussage geben.

 

Spengler: Welche Eigenschaften muss denn ein erfolgreicher FDP-Generalsekretär mitbringen?

 

Niebel: Er muss loyal sein. Er muss angriffslustig sein. Er muss politisch denken und er muss Spaß an der Arbeit haben, weil sonst die Belastung, glaube ich, zu groß wird.

 

Spengler: Und Sie besitzen all diese Eigenschaften?

 

Niebel: Man sagt mir das nach.

 

Spengler: Gut. Teilen Sie denn die Kritik an Frau Pieper, sie sei farblos und programmatisch schwach gewesen?

 

Niebel: Überhaupt nicht. Frau Pieper hat ihre Aufgabe hervorragend bewältigt, im Gegensatz zu Grünen und PDS die FDP, zu einer gesamtdeutschen Partei zu machen. Diese Aufgabe war ihre Hauptaufgabe. Als gesamtdeutsche Partei sind wir in der Lage, genügend Kräfte zu sammeln, damit wir rot-grün ablösen können.

 

Spengler: Das klingt so: der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen.

 

Niebel: Nein! Cornelia Pieper wird als stellvertretende Bundesvorsitzende, wenn der Parteitag sie wählt, im allerengsten Führungsteam der Bundesspitze bleiben und natürlich auch im Wahlkampf eine wichtige Aufgabe erfüllen.

 

Spengler: Was wollen Sie als Generalsekretär denn besser machen, oder gibt es nichts besser zu machen?

 

Niebel: Es gibt immer was besser zu machen. Es gibt aber vor allem vieles anders zu machen, weil ich eine ganz andere Persönlichkeit bin als Frau Pieper. Ich will mich da auch nicht vergleichen. Ich will niemandem nacheifern und werde dem Parteitag, wenn er mich wählen möchte, sagen, was für Vorstellungen ich habe. Hauptsächlich möchte ich natürlich gerne unsere programmatischen Inhalte in der Öffentlichkeit bekannter machen, als das bisher der Fall ist. Mein Schwerpunkt ist die Arbeitsmarktpolitik, eins der wichtigsten innenpolitischen Felder, aber darauf lasse ich mich auch nicht reduzieren. Ich bin auch der festen Überzeugung, wir müssen die Thematik der Bürgerrechte wieder mehr ins Bewusstsein rücken. Hier haben Rot-Grün, aber auch Schwarz in den vergangenen Jahren mächtig dran geknabbert, ohne dass es einem großen Teil der Bevölkerung überhaupt bewusst geworden ist.