D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus Das Liberale Tagebuch, (http://www.dr-trier.de)

 

 

Lothar Späth im Handelsblatt am 30. Juli 2003

 

 

 

So sehe ich es

Linke Tasche, rechte Tasche?

Generalkritik: Späth verwendet völlig ungeeignetes Begriffsinstrumentarium. Reform, Belastungen, sogar der Titel „Linke Tasche, Rechte Tasche“ wirkt in diesem Fall kontraproduktiv. Ob aus Unwissenheit oder schlichter Trotteligkeit kann ohne die Hilfe eines Psychologen nicht geklärt werden. Jedenfalls erhöht die Diktion des Beitrages die immanenten Reformblockaden. Übrigens: Typisch CDU/CSU.

 

 

Wenn man in diesen Tagen die ersten Reaktionen auf den Gesundheitsreformkonsens hört, fragt man sich schon, ob da nicht noch einiger Aufklärungsbedarf über den Status quo und die Ziele herrscht. Selbst ein scharfsinniger Wirtschaftskapitän vom Format eines Hilmar Kopper gestand zur besten Sendezeit in der ARD unlängst, er überblicke die Diskussion nicht mehr.

Von Reform in Zusammenhang mit dem Seehofer-Schmidt-Kompromiss zu sprechen/schreiben ist der intellektuelle Hammer des Jahres. Was ist mit der „Paritätischen“, was ist mit dem Zurückführen der obligaten Krankenversicherung auf die sogenannten GAU-Risiken, was ist mit der Entwicklung der Branche zu einem ertragreichen Wirtschaftszweig? Von Marktwirtschaft wird gequatscht aber über Machen und Weiterentwickeln hören wird nichts. Mag sein, dass mummlose Armleuchter im D’land der sog. Volksparteien tonangebend sind. Für die FDP jedenfalls trifft das nicht zu. Fragen Sie die Spitzenleute der FDP persönlich oder über Internet.

 

 

Das zeigt, wie sehr wir im gesellschaftli-chen Diskurs der wichtigsten politischen Themen Ordnung und Orientierung benötigen. Die Projektkoalition im Gesundheitswesen hat als erste Expertenrunde in diesem Bereich ein durchsetzbares Vorschlagspaket hervor-gebracht, das Maßnahmen beinhaltet, die in die richtige Richtung gehen.

 

„Diskurs“? Wie Grüne und SPD. Was ist mit „machen“?

 

 

 

 

 

„Richtung“ ... „auf den Weg bringen“?

Wenn es aber nicht gelingt, auch die Bürger unseres Landes davon zu überzeugen, dass es sich hierbei um einen Fortschritt handelt und nicht um Abzockerei, ist zum einen die Gefahr der Zerpflückung nicht gebannt und zum anderen wird der nun schwach keimende Glaube an die Reformfähigkeit des deutschen Sozialstaates erneut erstickt.

7 Mia€ Defizit der Krankenkassen per 31.12.03. Deswegen findet Sozialpolitik nach Kassenlage statt: Die Versicherten müssen mehr zahlen – oder auf Gesundwerden verzichten.

 

Die fehlende Reformfähigkeit der Politiker ist das Problem. Staat handelt nicht.

Als Anstoß der Kritik gelten insbesondere alle Vorschläge, die jetzt den Patienten höher belasten. Das ist die geplante Zusatzversicherung für Zahnersatz, das Eintrittsgeld für den Arztbesuch und nicht zuletzt die Ausgliederung des Krankengeldes. Außer Frage steht, dass alle gesetzlich versicherten Patienten nach Umsetzung dieser Vorschläge hier höher belastet werden.

„Belastet“ sind Patienten (und die Versicherten) so wie so; gezahlt haben sie diese „Belastungen“ bisher allerdings nicht. Wenn unser unsägliches Kompetenzerle „Belastungen“ verkaufen will, müssen wir uns nicht wundern, dass die Menschen „nicht wollen“.

Viele Menschen rechnen sich daher – angestachelt durch die einfältigsten öffentlichen Kritiken – bereits wieder ihr Nettoeinkommen aus und erwarten, dass das Geld, welches ihnen in die rechte Tasche hineingesteckt wurde, aus der linken wieder entnommen wird. Weil das in der Tat eine beliebte Variante der deutschen Finanzpolitik ist, kann man den Bundesbürgern diesen Verdacht nicht übel nehmen. Doch es verhält sich in dem vorliegenden Fall etwas anders.

Linke/rechte Tasche. So ein kommunikativer Wahnsinn. Es gibt das Phänomen, ohne Zweifel. Aber das im Fall von Steuern/Gesundheit zu vermischen ist ein grandioser Fehlgriff; wir bekommen so weder geringere Steuern noch mehr privat gestaltete Gesundheitsvorsorge. Es bleibt, geglättet, alles beim Alten. Typisch CDU/CSU. Unwissenheit oder Inkompetenz. Vielleicht müssen wir uns doch noch auf den unverschämten „linken“ Spruch besinnen: „Deutschland, halt’s Maul ...“

Es gibt zwei große Probleme im Gesundheitswesen: Erstens haben sich durch den fehlenden Wettbewerb Ineffizienzen im System breit gemacht. Das reicht vom unwirtschaftlich organisierten Krankenhausbetrieb bis hin zur aufgeblähten Verwaltung gesetzlicher Krankenkassen.

Wie viel „kosten“ denn diese Ineffizienzen? Könnte es sein, dass die sicher ärgerlichen „Verwaltungskosten“ nur als Popanz herhalten müssen, um die Unfähigkeit zu einer zielführenden Prozesspolitik zu kaschieren. Typisch CDU/CSU – seit 50 Jahren schleimen in D’land.

Und auch unter den Ärzten gibt es den ein oder anderen, der auf dem Nährboden des überbordenden Bürokratismus sich so manche Leistung bezahlen lässt, die er nicht oder nicht ordentlich erbracht hat. Die Finanzierung des Gesundheitswesens kann durch eine höhere Effizienz entspannt werden. Mehr Effizienz kommt allerdings nur durch mehr Wettbewerb, der so manchen Beteiligten aus seiner lieb gewonnenen Ruhe bringt. Einige Ortskrankenkassen sind jedenfalls schon wach geworden und protestieren. Und auch die Pharmaindustrie sowie die Apotheker können ihre Preise wohl nicht mehr halten.

„ ... den einen oder anderen“, geschenkt. Noch ein Popanz? Ist das Problem relevant? Warum nennt das Kompetenzerle keine Fakten oder schweigt? Typisch CDU/CSU

 

 

 

Wettbewerb selbstverständlich oK. Beachten Sie, wie Wettbewerb nur mit einem Auge betrachtet wird. Wo lebt Späth, wenn er glaubt das Publikum spüre die Unredlichkeit nicht?

Zweitens sind sowohl die Bedürfnisse als auch die Möglichkeiten der medizinischen Versorgung gewachsen. Wer früher mit 60 Jahren ein steifes Knie zu beklagen hatte, musste die restlichen Tage seines Lebens damit auskommen. Heute hingegen werden selbst im hohen Alter Menschen mit hervorragenden Gelenkprothesen versorgt. Wir freuen uns zurecht über derartige Möglichkeiten, doch sie kosten Geld. Und es gibt leider kein ökonomisches Gesetz, wonach die durchschnittliche Steigerung der Arbeitsproduktivität und die damit verbundenen Einkommenszuwächse die medizinischen Behandlungskosten automatisch kompensieren und auf diese Weise dem Beitragssatz der Krankenversicherung die gewünschte Stabilität verleihen. In den besten Jahrzehnten der Bundesrepublik hat das Wirtschaftswachstum uns vor Konflikten dieser Art bewahrt, vor einigen Jahren aber sind wir ins Stolpern geraten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

... sehr tiefsinnig ... wertvollen Platz verplempert.

 

 

 

 

 

... schön formuliert. Nur: Wer hat Anderes ausgesagt/vertreten? Das Kompetenzerle wirft Nebelkerzen. Letzter Satz („In den besten Jahren ...“) völlig richtig; der aber ist Ausgangspunkt jeglicher Analyse. Warum „beschönigt“ Späth statt dessen mit „stolpern“?

Die Rücklagen sind inzwischen aufgebraucht und damit auch die Möglichkeiten zur Konfliktvermeidung. Wenn aber außer den Bedürfnissen zur medizinischen Versorgung und der Arbeitslosenquote nichts mehr wächst, ist eine höhere Belastung der Einkommen unabwendbar.

Polemik vermischt mit „Adam Riese“. So wird echte Reform desavouiert. Aber das Kompetenzerle quatscht halt gerne ...

Der Spielraum reduziert sich auf die Wahl zwischen der Belastung des Netto- oder des Bruttoeinkommens. Belastet man das Bruttoeinkommen – so wie in der bisherigen Strategie – dann belastet man auch gleichzeitig den Faktor Arbeit. Deshalb war die Senkung der Lohnnebenkosten als Mittel im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit anvisiert worden.

 

 

 

 

 

 

 

„Kampf“ ... statt richtig zu entscheiden ...

Die einzige Alternative ist der Griff ins Nettoeinkommen, was nichts anderes bedeutet, als dass die Bürger künftig mehr aus eigener Tasche bezahlen müssen. Diese leichte Mehrbelastung wird die Menschen aber glücklicherweise zu einem Zeitpunkt treffen, wo sie mindestens schon ein Jahr lang von der Steuersenkung profitieren. So kann das Geld, welches durch das Vorziehen der Steuerreform in die Taschen der Bürger fließt, zuvor noch den erhofften kurzfristigen Konjunkturimpuls geben.

„Griff ins ... “ so denken Obrigkeitsstaatler. Da machen Bürger niemals mit. Resultat: Reform desavouiert. Prösterchen: Modernisieren Sie weiter

 

 

 

 

Linke/Rechte Tasche s.o.

 

Weitergehender Kommentar zu diesem Absatz siehe unten (***)

Dass mittelfristig etwas aus der einen Tasche wieder herausgenommen werden muss, um die so wichtigen Dienstleistungen für Gesundheit bezahlen zu können, ist weder eine Tragödie noch eine Nivellierung der zuvor gemachten Steuersenkung.





Obrigkeitsstaatler: Überlasst den Menschen zu entscheiden was eine Tragödie ist.

Ganz im Gegenteil: Die Verlagerung von der rechten in die linke Tasche ist kein Nullsummenspiel, sondern eine strukturelle Änderung und führt tendenziell zu einer besseren medizinischen Versorgung beziehungsweise verhindert deren Rückgang. Sie stellt einen ersten Schritt auf das gefürchtete Neuland der Eigenverantwortung im Gesundheitswesen dar. Weitere müssen leider folgen

Linke/Rechte ... und das Kompetenzerle insistiert mit solch kommunikativen Schwachsinn.

 

 

 

Prima, Eigenverantwortung muss „man“ fürchten. Prösterchen Jungs: Nach dem „die Bevölkerung“ nun weiß, wie Glocken hängen, könnt Ihr so richtig drauflosmodernisieren ...

 

 

(***) „leichte Mehrbelastung“. Problem: Seit 50 Jahren meinen CDU/CSU und SPD entscheiden zu müssen, was für den Einzelnen „richtig“ oder „“falsch“ ist. So kommt es zu der abstrusen Einstellung über die „Belastung“ des Einzelnen zu befinden, wogegen der sich nicht einmal ansatzweise wehren kann. Die richtige Alternative: (1) Grundpflichtversicherung der GAU-Risiken, da angesichts der unverzichtbaren „Sozialstaatlichkeit“ der Einzelne zur Vorsorge anzuhalten ist, obwohl „Vorsorge“ eine von der Natur vorgegebene Verhaltensweise ist, die im Laufe der Zeit in der Tat verloren ging; daher achten die Menschen untereinander darauf, dass Einzelne nicht den gesamten Ertrag ihrer Arbeit konsumieren. (2)  Neben der kollektiven Absicherung der GAU-Risiken ist der Einzelne (selbstverständlich) frei so viel Gesundheitsleistungen zu kaufen wie er will. Dass diese Leistungen „privat“ zu finanzieren sind ist wohl klar. Aber: solche Gedanken kommen typischen Obrigkeitsstaatlern à la CDU/CSU natürlich nicht. Motto statt dessen: Wir entscheiden für Euch viel Grundversorgung mit solidarischer Finanzierung. Perspektive Sozialismus. Ob das Kompetenzerle die Konsequenzen seines Quatschens überblickt. Zweifel sind angezeigt.