D a
s L i b e r
a l e T a g e b u c h
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Sammlung
Originaldokumente aus „Das Liberale
Tagebuch“, http://www.dr-trier.de |
Deutscher Bundestag, Präsident Wolfgang Thierse: Ich erteile das Wort Kollegen Carl-Ludwig Thiele,
FDP-Fraktion. Carl-Ludwig Thiele (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Zunächst auch von meiner
Seite herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Eine solche Sitzung ist
sicherlich dazu angetan, Ihnen möglichst häufig zu gratulieren. Das werden
die nachfolgenden Redner wahrscheinlich auch tun. Frau Kollegin Andreae, Ihr
Redebeitrag erweckt den Eindruck, dass das Streichen der Eigenheimzulage
finanzielle Spielräume eröffnen und in der Zukunft Ausgaben ermöglichen wird,
an die derzeit nicht zu denken ist. Wenn man Ihren Vorstellungen folgen
würde, dann könnte man mindestens dreimal so viele gute und wünschenswerte
Vorhaben benennen, die der Staat finanzieren sollte und die dann mit den
durch die von Ihnen geforderte Streichung der Eigenheimzulage eingesparten
Mitteln finanziert werden könnten. Die Eigenheimzulage ist in diesem
Zusammenhang der neue Jäger 90 der neuen rot-grünen Finanzpolitik! Das vermag
ich nicht ganz einzusehen. (Beifall bei der FDP … ) Lassen Sie mich wieder ernst werden. Gestern Nachmittag
fand im Deutschen Bundestag die erste Lesung des Nachtragshaushalts für das
laufende Jahr statt. Der Haushalt läuft aus dem Ruder. Deutschland wird die
höchste Neuverschuldung erleben, die es je gab. Zum dritten Mal in Folge hat die Koalition einen
verfassungswidrigen Haushalt zu verantworten. Ihr Finanzminister erklärt,
dass er sich weigert, zu sparen und Sparvorschläge vorzulegen. (Jörg Tauss [SPD]:
Unverschämtheit!) - Dann beschweren Sie sich beim Finanzminister! Er hat
sich doch so geäußert. Ich zitiere Herrn Eichel doch nur. - Sie haben doch erklärt, Sie könnten in diesem Haushalt
keine weiteren Einsparungen vornehmen. Sie wollen das nicht! Das Mindeste
wäre, eine Haushaltssperre zu verhängen oder Ähnliches. Aber nicht einmal
dazu sind Sie in der Lage, Herr Finanzminister. (Beifall bei der FDP … ) Wer so verantwortungslos mit den Staatsfinanzen umgeht,
die höchste in Deutschland je erzielte Neuverschuldung erreicht, damit die
nachfolgenden Generationen belastet und dann hier eine solche Shownummer
abzieht, beweist, dass auch der letzte Rest Seriosität in der Finanzplanung
auf der Strecke geblieben ist. (Beifall bei der FDP … ) Im vergangenen Jahr haben wir im Zuge des Vorziehens der
nächsten Stufe der Steuerreform eine Diskussion geführt. Auch wir von der FDP
haben uns für die Kürzung von Subventionen eingesetzt. Im Zuge dieser
Diskussion wurde die Eigenheimzulage grundsätzlich umgestaltet. Sie wurde um
30 Prozent gekürzt. Das ist der Bereich, in dem am stärksten gekürzt wurde.
Den Subventionsabbau in anderen Bereichen hat der Finanzminister nicht einmal
vorgeschlagen; er wurde von den Ländern gefordert. Wir haben den
Subventionsabbau mitbeschlossen. Die Rahmenbedingungen sind also bereits verändert worden.
Die Änderung der Eigenheimzulage ist mit den Stimmen von Rot-Grün im Dezember
beschlossen worden. Jetzt aber erklären Sie: Dieser Beschluss kann nicht
länger gelten; die Eigenheimzulage muss komplett abgeschafft werden. Das
irritiert und verunsichert die Bürger am stärksten: In dieser Politik gibt es
keine Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Mit dieser Planungsunsicherheit machen Sie die Konjunktur
und das Wirtschaftswachstum kaputt und legen die Wurzeln dafür, dass
Deutschland nicht in dem notwendigen Maße vorankommt. (Beifall bei der FDP … ) Auch wir von der FDP sind der Auffassung, dass es keine
Ewigkeitsgarantie für die Eigenheimzulage geben kann. Wenn sie aber gestrichen wird, dann müssen gleichzeitig
die Steuern gesenkt werden. (Beifall bei der FDP … ) Nur so kann sichergestellt werden, dass die Bürger und
junge Familien, die ein Eigenheim erwerben wollen, diesen Wunsch
verwirklichen können. Erkundigen Sie sich einmal, wie viele Familien mit
Kindern in die Neubaugebiete ziehen und warum sie Eigentum bilden wollen. Wenn man die Eigenheimzulage streicht, ohne diesen
Personenkreis an anderer Stelle zu entlasten, dann ist er nicht mehr in der
Lage, das notwendige Eigentum zu bilden. Um diesen Zusammenhang geht es doch!
Alle Ihre Vorschläge bedeuten eine simple Steuererhöhung,
die als Subventionsabbau getarnt ist. Das lehnen wir ab. Dafür stehen wir
nicht. (Beifall bei der FDP … ) Was die Begriffe angeht, die Sie der Eigenheimzulage
gegenüberstellen, ist festzuhalten: Wir brauchen in Deutschland in der Tat
Bildung. Dafür stehen wir. Wir haben entsprechende Konzepte vorgelegt, die
von Ihnen abgelehnt wurden. Wir brauchen in Deutschland aber auch Eigentum. Warum
werden Bildung und Eigentum gegenübergestellt? Unser Land kann sich nur dann
entwickeln, wenn es Bildung und Eigentum gibt. (Beifall bei der FDP … ) Das ist doch der entscheidende Punkt. Wenn es darum geht, den Subventionsabbau anzugehen, dann
stellt sich die Frage, warum in den nächsten Jahren bis 2012 16 Milliarden
Euro für die Steinkohle ausgegeben werden. Warum soll das erforderlich sein?
Das ist eine Ausgabe, die vom Bundeshaushalt Jahr für Jahr geleistet wird.
Hier kann man doch herangehen. Warum investieren Sie weiter in die
Vergangenheit anstatt in die Zukunft? Ihre Aufgabe ist es doch, in die
Zukunft zu investieren. (Beifall bei der FDP … ) Wir Liberale möchten, dass in die Zukunft investiert wird.
Wir brauchen weniger Kohle für die Kohle, aber mehr Kohle für die Bildung.
Dafür werden wir werben. Das ist aber mit dem simplifizierten
Steuererhöhungsgesetzentwurf der Bundesregierung nicht möglich. (Beifall bei der FDP … !) |