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Stand: 23.07.2005, 10:00 / 07.07.050
letzte Änderungen kursiv gesetzt

Wahlkampagne 2005
Zur Notwendigkeit wirtschaftliche Verwerfung zu überwinden

        Hinweise:

        Grundlage für diesen Beitrag ist der
        Hamburger Appell von einigen Hundert Professoren der Volkswirtschaftslehre. Zum besseren Verständnis wurde der Text überarbeitet.

        Unter Punkt 4. fordern die Professoren die Umstellung des Systems der Lohnersatzleistung auf ein Verfahren der Lohn- zuschüsse. Der wünschenswerte Gedanke wurde übernom- men, obwohl die Maßnahme erst in der Praxis den Elchtest bestehen
        kann. Die Gefahr ordnungspolitischer Fehlentwick- lung und unzweckmäßiger Mitnahmeeffekte (Fehlallokation) müsste deswegen im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens umfassend berücksichtigt werden; zu überlegen ist des Weiteren, wie das Verfahren der Lohnzuschüsse mit dem Bürgergeldverfahren (negative Einkommensteuer) zu verzahnen ist.

         

  1. Nachfrage ist eine bedeutende und komplex strukturierte volkswirtschaftliche Größe, die sich nachhaltiger Steuerung weitestgehend entzieht. Die starken internationalen Verflechtungen des wirtschaftlichen Geschehens führen dazu, dass die Nachfrage der Deutschen Nachfrage nach Produkten auf dem Weltmarkt ist. Viele Produkte oder ihre Vorleistungen sind also ausländischer Herkunft. Dazu kommt, dass alle erwirtschafteten Einkommen, Lohneinkommen genauso wie Gewinneinkommen, Nachfragewirkungen entfalten; sogar Ersparnisse stehen einer Nachfrage zur Verfügung: Kredite. Ein Eingriff zugunsten einer bestimmten Form von Nachfrage hat daher in erster Linie Umschichtungen innerhalb und zwischen Konsum, Investitionen und Staatsnachfrage zur Folge. Dies verändert die Zusammensetzung der Gesamtnachfrage, führt aber kaum zu ihrer Erhöhung.
     
  2. Gleichwohl ist die Nachfrage nach deutschen Waren und Dienstleistungen unverzichtbar. Sie wird geprägt durch Qualität, Innovativität und den Preis aller angebotenen Güter. Die Bestimmungsgründe der konkreten Nachfrage entziehen sich jedoch dem unmittelbaren Einfluss staatlicher Wirtschaftspolitik. Sie ist vielmehr vom verfügbaren Einkommen und den Kosten der Produktion; letztere ihrerseits etwa durch die Qualifikation der Arbeitnehmer, durch die Modernität der Maschinen oder durch vorlaufende Forschung und Entwicklung.
     
  3. Arbeitskosten sind daher ein Schlüssel zur Überwindung der deutschen Wachstumsschwäche. Wer behauptet, Deutschland könne und müsse ein Hochlohnland bleiben, handelt unredlich oder ignorant. Millionen von überwiegend gering qualifizierten Arbeitslosen finden seit Jahrzehnten zu den herrschenden Löhnen keine Beschäftigung - mit ungebrochen steigender Tendenz. Diese anhaltend hohe Arbeitslosigkeit verursacht gravierende soziale und wirtschaftliche Lasten, die die krisenhafte Entwicklung noch verstärken. Überdies wird die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung in Osteuropa und Asien zukünftig vermehrt auch mittlere bis hohe Qualifikationsprofile des deutschen Arbeitsmarktes erfassen und zumindest zu äußerster Lohnzurückhaltung nötigen. Gleichwohl ist festzuhalten, dass das Versagen der Tarifparteien in den letzten Jahrzehnten vor allem zu Lasten der Geringqualifizierten ging. Die unangenehme Wahrheit besteht deshalb darin, dass eine Verbesserung der Arbeitsmarktlage nur durch niedrigere Entlohnung der ohnehin schon Geringverdienenden, also durch eine verstärkte Lohnspreizung, möglich sein wird. Eine Abfederung dieser Entwicklung ist durch verlängerte Arbeitszeiten, verminderten Urlaubsanspruch oder höhere Leistungsbereitschaft möglich.
     
  4. Das deutsche System der Lohnersatzleistungen von der Sozialhilfe über das Arbeitslosengeld bis zur subventionierten Frührente hat Lohnansprüche zur Folge, die der Markt nicht befriedigen kann; denn im Wettbewerb geringer Lohnkosten des Weltmarktes haben Unternehmen in Deutschland und damit relativ höher bezahlte Lohnempfänger hier keine Chance. Die Staatsverwaltung darf nicht als Konkurrent, sondern als Partner der privaten Wirtschaft auf dem Arbeitsmarkt agieren. Eine Kompensation der Geringverdienenden durch Mischkalkulation (unternehmensinterne Subvention) ist in gewissem Umfang möglich. Darüber hinaus muss die Sozialpolitik von Lohnersatzleistungen auf Lohnzuschüsse aus dem Steueraufkommen umgestellt werden. Das System der aktivierenden Sozialhilfe zeigt einen praktikablen Weg, um die Praxis der Sozialstaatlichkeit unter den Bedingungen des globalen Marktes aufrecht zu halten.
     
  5. Zu den Bedingungen wirtschaftlichen Erfolgs gehören Investitionen in Maschinen, Fahrzeuge, Gebäude und andere Anlagegüter. Investitionstätigkeit ist stets mit Risiken verbunden - Investitionen erfolgen daher nur, wenn den Verlustrisiken attraktive Gewinnmöglichkeiten gegenüberstehen. Hohe Arbeitskosten und hohe Steuerlasten mindern unternehmerische Gewinne und damit unmittelbar die Investitionsbereitschaft. Klassenkämpferische Rhetorik mindert die Gewinnerwartungen, was Investoren veranlasst, auf andere Standorte ausweichen. Die Folge ist Minderung der Nachfrage nach Investitionsgütern, mit entsprechendem Rückgang der Beschäftigung.
     
  6. Investitionen sind langfristige Entscheidungen, die nicht nur die heutigen, sondern nach dem Prinzip kaufmännischer Umsicht auch zukünftige steuerliche Belastungen berücksichtigen. Die unkontrolliert wachsende Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland wird als zukünftig anstehende Steuerbelastung wahrgenommen. Dasselbe gilt für die unterfinanziert wachsenden Zahlungsverpflichtungen der sozialen Sicherungssysteme. Deshalb schadet den deutschen Interessen, wer auf nationaler oder europäischer Ebene Anreize zur Konsolidierung der Staatsfinanzen untergräbt. Jede Ausdehnung der Staatsverschuldung schwächt die Binnenkonjunktur, weil strukturelle Ungleichgewichte verschärft, bestenfalls konserviert statt kuriert werden. Bürger und Unternehmen wirtschaften unter dieser Bedingung mit gesteigerter Vorsicht. Das kaufkrafttheoretische Argument, in einer wirtschaftlichen Stagnation dürfe man sich nicht „kaputtsparen“, ist vorgeschoben und falsch.
     
  7. Deshalb muss eine verantwortungsbewusste Finanzpolitik streng stabilitätsorientiert sein. Die Konsolidierung der Staatsfinanzen erfordert weitreichende Kürzungen in allen Bereichen der öffentlichen Ausgaben. Davon können auch die Sozialversicherung nicht ausgenommen bleiben. Wer Gegenteiliges behauptet, wird den wirtschaftlichen Herausforderungen Deutschlands nicht gerecht oder führt in populistischer Weise die Bürger in die Irre. Dasselbe gilt für Reformvorschläge für die Sozialversicherung, die beanspruchen, die Finanzierung der Leistungen zu sichern, indem die Anzahl der Beitragszahler in demselben Maße erhöht wird wie die Anzahl der Anspruchsberechtigten.
     
  8. Bildung und Ausbildung der Deutschen sind wichtige Standortfaktoren, die zunehmend in die Kritik geraten. In der Tat sind ernstzunehmende Defizite unübersehbar und münden schnell in den Ruf nach verbesserter Mittelausstattung im Bildungswesen. Dabei wird oft übersehen, dass große Fortschritte allein durch vermehrten Ansporn zu Fleiß, Wissbegier und strenger Leistungsorientierung erzielt werden könnten. Darüber hinaus ist eine Umorientierung der höheren Berufsausbildung weg von verwaltenden und hin zu technischen, ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Ausbildungsgängen für die wirtschaftlichen Zukunftsperspektiven Deutschlands derzeit notwendig.
     
  9. Ähnlich verhält es sich mit Forschung und Entwicklungstätigkeiten, in denen Deutschland seine einst führende Stellung in vielen Bereichen eingebüßt hat. Auch hier liegt weniger ein finanzielles als vielmehr ein strukturell-institutionelles Problem vor. So wird die Forschungstätigkeit in Deutschland in wesentlichen Zukunftstechnologien durch rigide staatliche Vorgaben behindert oder zur Verlagerung ins Ausland genötigt. Offenkundig ist es ein Irrglaube, durch staatliche Vorgaben bestimmte Forschungsfelder an der Entwicklung hindern zu können. Der einzige Effekt derartiger Regulierung besteht darin, dass andere Länder die primären Nutznießer neuer Technologien sind und diese erst verspätet und zu möglicherweise überhöhten Kosten in Deutschland genutzt werden können.
     
  10. Die binnenwirtschaftlichen Probleme und Herausforderungen werden verschärft durch den zunehmenden Konkurrenzdruck im europäischen Binnenmarkt und die sich weiter entfaltende Globalisierung. Beide außenwirtschaftlichen Einflüsse stellen aber zugleich große Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands dar, denn sie erzwingen effizientere Produktionsbedingungen und eröffnen dadurch die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung. Jedoch müssen die Menschen willens sein, die zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit nötigen Anpassungen in ähnlicher Form zu leisten, wie dies z. B. Großbritannien, Finnland und Irland dies erfolgreich geschehen ist. Eine Wirtschafts- und Sozialunion mit Frankreich wäre eher die Ehe des Lahmen mit dem Gebrechlichen. Statt dessen brauchen wir Flexibilität, Innovationsbereitschaft, unternehmerische Initiative und Mut zur Veränderung.
     
  11. Die öffentliche Diskussion zum Thema Globalisierung in Deutschland wird einseitig geführt. Während im die Rahmen jedes Strukturwandels unvermeidlich auftretende Arbeitsplatzverluste in den Medien sehr stark thematisiert werden, mangelt es an Aussagen zu den positiven Auswirkungen der Globalisierung. Die vertiefte internationale Arbeitsteilung ist - nur vergleichbar mit dem technischen Fortschritt – der zentrale Motor zur Steigerung des weltweiten Lebensstandards. Neben einem höheren Konsumniveau durch billigere Produkte trägt auch eine deutlich größere Produktvielfalt maßgeblich zur Steigerung des Lebensstandards bei. Eine zentrale wirtschaftspolitische Aufgabe besteht darin, diese positiven Effekte der internationalen Arbeitsteilung zu vermitteln und durch einen schnelleren Strukturwandel dafür zu sorgen, dass Wachstum und Wohlfahrtsgewinne in möglichst großem Umfang weltweit realisiert werden können.

 

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