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Stand: 21. Oktober 2004, 8:00 / 23.06.04 / 12.11.03 / 30.07.03 / 11.01.03

Kritischer Rationalismus

Schon immer haben Menschen versucht, letzte Begründungen für jegliches Tun zu ergründen, zu begreifen. Das gilt erst recht für die Handlungen im Politischen. Seit Geschichte geschrieben ist, kennen wir die Antwort der Religionen auf die Frage der letzten Begründung.

Und seit der Antike wird versucht, für letzte Begründungen säkuläre Antworten zu finden. Zu den bekanntesten Antworten gehört der im 19. Jahrhundert entwickelte Marxismus-Kommunismus. Selbstverständlich sind, aufklärerisch, die soziale Wurzel und der durch die gesellschaftlichen Umstände bedingte Auslöser für Ent- stehung und politischen Erfolg des Kommunismus zu erkennen. Nachdem be- sonders die Liberalen dem Kommunismus schon immer mit Skepsis und Miss- trauen begegneten, hat erst im Laufe des vorigen Jahrhunderts angesichts Millio- nen fanatisch Getöteter die geistige Reaktion auf die Herrschaft von Ideologien stattgefunden. Liberalismus wurde durch den Kritischen Rationalismus philoso- phisch kongruent ergänzt; die zahllosen zeitgenössischen Sozialisten, werden sich aufgrund ihres Wahrheitsanspruches am Kritischen Rationalismus die (geis- tigen) Zähne ausbeißen. Das stärkt die liberale Position. Daher ist es, nahe lie- gend und unerlässlich sich mit einer der philosophischen Grundlagen für die Stär- ke des Liberalismus zu befassen.

 

(A) Falsifikation

In „Logik der Forschung“ entwickelt Karl Popper den Gedanken, dass der Mensch nie sicher sein kann, ob Wahrheit gefunden wurde. Wissenschaftliche Theorien können dem zu Folge nicht verifiziert werden. Deswegen fordert Popper, nicht um Beweis/Verifikation, sondern um das Gegenteil, nämlich Widerlegung/ Falsifikation von Theorien bemüht zu sein.

Beim Versuch zu beweisen, wird nämlich nur betrachtet, was die Theorie stützt, nicht jedoch, was ihr widerspricht. Hierbei besteht die Gefahr dem Dogmatismus, verkürzt, lediglich der Behauptung von Sachverhalten zu erliegen. Dogmatiker vermeiden, ihre Meinungen der kritischen Prüfung auszusetzen, suchen sie doch nach der Bestätigungen ihrer Theorien/Aussagen. Phänomene/Ereignisse werden so interpretiert, dass sie in die Theorie passen. Widersprechendes wird ausge- blendet, uminterpretiert oder als irrelevant abgetan. Kritik, insbesondere auf dem Gebiet der Sozialwissenschaften wird übelgenommen, negativ sanktioniert.

Fehlersuche also ist Prinzip der Wahrheitsfindung. Eine widerlegte Theorie wird bei Erkennen eines Fehler irrelevant, zumindest aber verändert. Wahrheit ist nie endgültige Wahrheit; auch die neue bzw. modifizierte Theorie ist der Falsifizierung zu unterwerfen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit aber ist Wahrheit dann näher. Fehlbarkeit und Widerlegbarkeit unseres (Vermutungs-!) Wissens anzuerkennen, ist Voraussetzung für wissenschaftlichen Fortschritt und dieser findet nur dann statt, wenn Fehler schrittweise eliminiert werden. Es ist einfach, Theorien und Aussagen auf eine Weise zu formulieren, die sie gegen Widerlegung immunisiert. Um der Wahrheit willen muss also stets versucht werden, Theorien zu widerlegen, um ihre etwaigen Fehler aufzudecken.

Kurz gefasste Wiederholung: Stets ist vorläufig wahr, was trotz Anstrengung nicht falsifiziert ist. Deswegen ist nicht Bestätigung, sondern Widerlegung zu versuchen, also Fehler, nicht Bestätigung zu suchen. Theorien, Theoreme, Aussagen, die solcher Kritik widerstehen, sind verlässlicher als solche, die absichtlich unscharf formuliert sind, um ihre Zerstörung zu verhindern.

 

(B) Kritischer Rationalismus

Falsifikation ist der Widerspruch zwischen der Folgerung aus einer Theorie und der Beobachtung. Falsifikation hat zur Folge, dass die Theorie mindestens einen Fehler beinhaltet.

Nach Popper gibt es kein Induktionsprinzip. So wissen wir aus Erfahrung, dass sich allgemein gültige Aussagen („Alle Raben sind schwarz“) durch noch so viele Beobachtungen („Dieser Rabe ist schwarz“) nicht endgültig beweisen lassen; vielmehr wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Aussage „alle Raben sind schwarz“ richtig ist, wenn es trotz Anstrengung nicht gelingt, einen weißen Ra- ben zu finden.

Wahrnehmungen sind stets selektiv, sie werden „durch den Filter“ einer oder mehrerer Theorien, dem Wissen des Beobachters, gesehen; insoweit wird jede Beobachtung verfälscht. Daher stehen Theorien, die auf der Verallgemeinerung von Beobachtungen beruhen auf tönernen Füssen; das Gleiche gilt für Theorien, die auf Behauptungen und Dogmen aufbauen. Schließlich ist stets unbekannt welche und wie viele Fakten nicht wahrgenommen sind.

Die Methode der Falsifikation ist der Grundstein für Poppers Wissenschaftstheo- rie, dem „Kritischen Rationalismus“:

  • Poppers Theorie ist rational, weil sie präzisen logischen Regeln folgt,
  • und sie ist kritisch wegen ihrer Forderung, dass wir mit allen Mitteln ver- suchen sollen, unsere eigenen Hypothesen zu falsifizieren.

 

(C) Philosophische Konsequenzen

Denken wir den Kritischen Rationalismus weiter, so gelangen wir über

  • die Negation des Konstruktivismus nach Hajek und
  • Luhmanns “Gesellschaft der Gesellschaft” (sinngemäß: “Das Konzept eines Systems, z.B. einer Gesellschaft, das seine eigene Beschreibung enthält, ist ein logisch intraktables Terrain”)

zur Formulierung der sozialwissenschaftlichen Unbestimmtheit: Da Men- schen, also auch Gesellschaft laufend Wissen aufnehmen und sich genau da- durch verändern, können sie sich (in jeweils gegenwärtiger “Konfiguration”, d.h., Wissens- und Erfahrungsstand) weder selbst verstehen noch erklären. Die politische Konsequenz, auf die es, in wenigen Gedankenschritten, ankommt liegt auf der Hand.

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Bei aller Notwendigkeit als “richtig Erkanntes” führungsstark in den nun einmal bestehenden Strukturen der Gesellschaft umzusetzen, zu machen, leitet sich aus dem Kritischen Rationalismus schließlich das oberste Gebot von Menschlichkeit ab:

Geistige Demut, wir wollen schließlich keinen (weiteren) Fall ...

... übrigens, Demut: Das Schmiermittel, der Katalysator für das autoreflexiv optimale, liberale
Menschenbild.

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Theorie
Kritik der Falsifikation