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Stand: 25. Juli 2001, 18:00

Doppelstrategie

Ein Konzept, das in Zusammenhang mit der Absicht auf Westeuropa und Deutschland atomare Mittelstreckenraketen zu richten, weltberühmt wurde, feiert neue Urstände.

Es geht um die sozialistischen Absichten von Grünrot. Neo-Sozialisten können in der Demokratie, wenn sie die Mehrheit im Parlament stellen, ihre Absichten verwirklichen – seien sie noch so verquast. Es macht daher keinen Sinn, besser- wisserisch der SPD zu sagen, warum ihr Politikansatz falsch ist. Die SPD muss ihren homöopathisch dosierten Turbo-Sozialismus u.a. gegenüber ihren Wählern schon selbst verantworten.

Aber die fehlende intellektuelle Redlichkeit, die umfassende Verlogenheit des Verhaltens aller maßgeblichen SPD- Leute (wer nicht einverstanden ist, kann jederzeit austreten) muss nicht unter den Teppich gekehrt werden: Jedermann erinnert, wie die SPD 1995-1998 Sozialhetze zur Perfektion entwickelte, gleich- zeitig Gerechtigkeit mit Modernisierung ankündigte. Zum Austarieren der medien- transportierten Wirkung wurde ergänzend beispielsweise ein politisch unerfahre- ner Unternehmer als potenzieller Wirtschaftsminister in die Schlacht geworfen und wie später Oskar Lafontaine nach erfolgtem Propagandaauftritt weggemobbt. Klar, Lafontaine-Politik hätte innerhalb von 12 Monaten den Ruin bedeutet – der andere hätte übrigens auch nichts Vernünftiges zu Stande gebracht. Und dann gab es das so genannte Schröder/Blair-Papier. Es durfte dennoch die unverges- sene Andrea Fischer sich auf dem Gesundheitssektor tummeln; eher kosmischer Pfusch und Riesenschaden das Resultat im Dienste von Sozialismus, der grünroten Herzenssache. Inzwischen war über die Denunziation von Scheinselb- ständigkeit und die Denunziation von Nebenverdienst-Jobs der Arbeitsmarkt mit vorgeschobener Argumentation weiter normativ stranguliert worden. Das Renten- system läuft seit über 10 Jahren klar erkennbar in die Krise. Ein neues Gesetz musste her. Und das Gesetz kam. Ohgottwalter. Unvergessen, als der Bundes- minister für Arbeit und Sozialordnung im Herbst 2000 vor 1500 Studenten der Universität Köln endlos ausführte, wie das Verhalten von Menschen in sozialis- tisches Schema zu fügen sei. Zu allem Überfluss verschob Grünrot, weil Demo- kratie ein hoher Wert sei, die Betriebsverfassung weiter zu Ungunsten des unter- nehmenden Kapitals. Sogar die kleinen Sparer, etwa Arbeitnehmer, werden tendenziell weniger Bereitschaft zeigen in Unternehmungen zu investieren (Nach- tigall, höre ick Dir trapsen?). Die Betriebsverfassung ist seit langem ein Exzess geworden. Arbeitsteilung in Gesellschaft und Wirtschaft ein Phantasiegebilde? Kann nach durchzechter Nacht der Magen „seiner“ Lunge zurufen: „Hey Lunge, es ist unzumutbar, heute meinen Job zu machen; übernehme mal“? All dies ist Standard-Wissen auch für die führenden Leute der SPD, etwa auch für einen im Grunde genommen rechtschaffenen, verdienten Mann wie Walter Riester. Den- noch, ihre Praxis ist reiner Turbo-Sozialismus. Und Ihre Ankündigungen?

Das Ding hat System: Sozialismus würde am politischen Markt keine Mehrheiten finden. Aber unsere Besserwisser - ihr Verhalten wird damit zum Problem - wol- len einfach nicht locker lassen:

  1. Homöopathische Dosierung - das schläfert ein, vermeidet offenen Wider- stand
  2. Desinformation - denn Menschen 2001 haben eine feine Witterung

Fazit: Unsere Besserwisser wollen fertigen Sozialismus verständlicherweise noch erleben. Wie könnte die Transformation beschleunigt werden? Schummeln und ablenken? Eben. Deswegen Schröder/Blair, deswegen Clement zum Thema Gentechnik, deswegen ein paar junge Wilde „Zukunft in Arbeit“ , deswegen Werner Müller (Mitarbeiter des richtlinienkompetenten Bundeskanzlers) mit „seinen Ideen“: Ein Feuerwerk von Aussagen, die in der SPD in keiner Weise konsensfähig sind, in keiner Weise politische Absicht, noch weniger politische Praxis sind. Immer daran denken: In jeder Bilanz lassen sich negative Positionen unterbringen ... Eine Schwalbe macht bekanntlich keinen Sommer ... Schwalben sind possierliche Tierchen und Versuchsballons gibt es in jedem Laden für Scherzartikel. Aus sozialistischer Sicht alles sehr vernünftig. Betrug? Betrug an Mitmenschen! Lenin lässt grüßen.

Doppelstrategie der SPD, eine beschönigende Verniedlichung.

Ist gegen Sozialismus denn kein Kraut gewachsen? Jedenfalls ist das Anti- Rambismus-Kraut der CDU/CSU dem nicht gewachsen: Opportunismus bei konservativer Grundeinstellung in Verbindung mit der fatalen Tendenz, den So- zialisten wieder und wieder ins ideologische Messer zu laufen produziert Schlaf- mützengesellschaft statt Wettbewerbsgesellschaft. Befreit die Menschen von den Menschen – das wird auch die CDU/CSU, trotz wiederholter anderslautender An- kündigung nie begreifen.

Aber schlafwandlerisch sicherer Freiheits-Instinkt, Wissen um die Notwendigkeit Risiken einzugehen helfen weiter. Wer sich dem Wettbewerb stellt, also in Kauf nimmt auch zu verlieren, d.h., zu einer Tür rausfliegt über die nächste aber wieder drin ist, hat in Zusammenhang mit der Auffas- sung „leben und leben lassen“ die bessere mentale Aus- stattung. Kleine Proben für liberale Geisteshaltung.

Fazit vom Fazit: neo-sozialistische Doppel- bzw. Multistrategie sind Zeichen empfundener Schwäche. Sozialisten können gar nicht anders. Und sie wissen das - ziemlich gut.

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