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Stand: 26. Oktober 2004, 20:00 / 26.04..03 / 15.01.02 / 10.01.02
letzte Änderungen kursiv gesetzt

Unbestimmtheit: Konsequenzen und Wertungen

Das Prinzip der sozialwissenschaftlichen Unbestimmtheit geht weiter als

  1. die Lehre vom (Anti)-Konstruktivismus (Hajek) und
  2. die neueren Überlegungen zur gesellschaftlichen Systemtheorie (etwa Luhmann, Niklas, Gesellschaft der Gesellschaft Bd. I + II, Frankfurt a/M, 1997).

Das Prinzip der sozialwissenschaftlichen Unbestimmtheit ist eindeutig und so zwingend, dass weder Anlass zu Aufgeregtheiten oder irgendwelchen Fanatis- men besteht; Liberale waren übrigens schon immer von großer Gelassenheit gekennzeichnet; kein Spott konnte diese, vermutlich instinktiv bestimmte, innere Sicherheit erschüttern. Auch wenn bedauerlicherweise noch heute das Konzept des Sozialismus die bekannten, ungewöhnlich negativen Wirkungen (“Sozialis- mus ist unmoralisch”, s. Nation od. die deutsche Konjunkturdebatte) entfaltet und deswegen, d.h. kausal, für reale, heute lebende Menschen vielfältige Chan- cen verbaut sind, so leiten sich aus dem Primat des Demokratie-Gedankens, angesichts der sozialwissenschaftlichen Unbestimmtheit, dennoch und notwen- digerweise Geduld sowie insbesondere Toleranz als Geisteshaltung und Hand- lungsmaximen ab; andernfalls würde der Handelnde sich in (nicht akzeptable) Widersprüche zwischen liberaler Wertepolitik und liberaler Prozesspolitik be- geben; der Handelnde wäre kein Liberaler.

Liberalismus (u.a. Marktwirtschaft) und Sozialismus (u.a. Staatswirtschaft) sind zueinander, anders als zu Konservativismus oder Nationalismus Pole im politischen Raum. Die Idealtypen Liberalismus und Sozialismus schließen sich einander aus. Dennoch gibt es zwischen der liberalistischen und sozialistischen Gesellschaftsform kein Entweder-Oder, denn bisher hat noch jede reale Gesell- schaft, und das wird nie anders sein, sowohl Prinzipien von Liberalismus wie von Sozialismus übernommen. Der Übergang von der liberalistischen zur sozialisti- schen Gesellschaft ist also fließend. Es bietet sich damit an, vernunftgesteuerte, d.h., entworfene Prozesspolitik , philodemokratisch, als schrittweise Evolution auszuführen. Mit der apodiktischen Aussage, derzufolge die einzig vernünftig an- zustrebende Wertepolitik Liberalismus ist, kann unter diesen Bedingungen jedermann leben, ohne selbst dem Totalitarismus zu verfallen bzw. ohne befürch- ten zu müssen, Opfer totalitären Verhaltens anderer zu werden.
 

Exkurs in die Emotion des realen Lebens: Wer tut, macht? Wie, was?

Die Eliten und die Moral

Unter den in Deutschland gegebenen Bedingungen ist die von der FDP vertretene (ehemalige) Strategie 18, insbesondere die über das formale Ziel hinausgehende materielle Implikation, zwingend. Zwingend geboten. Es fragt sich nun, warum etwa der Wähleranteil von 18% nicht längst erreicht wurde. Hierzu ist, in voller Härte argumentierend, festzuhalten, dass die noch nicht überwundene sozialisti- sche Infektion unserer Gesellschaft auf vielfaches Eliten-Versagen zurückzu- führen ist:

  1. Von wem sollten Unwissende lernen? Nur Wissende können doch Wissen vermitteln. Wenn Unwissende nicht lernen, haben nicht die Unwissenden, sondern die Wissenden, eben die Eliten versagt - egal wie unwissend Unwissende sind. Sehr krass versagt.
  2. Wir wissen inzwischen, dass der Erfolg von Sozialismus als Angebot am politischen Markt mit all seiner erkenntnistheoretischen Vulgarität eben- falls auf Eliten-Versagen beruht: Sogar völlig vulgäre politische Propagan- da setzt sich durch, wenn Eliten nicht funktionieren. Auf Marx, Engels, Lenin, Stalin, Allende, Mao, Ulbricht und andere muss gar nicht zurückge- griffen werden. Es kann doch etwa die “erfolgreiche” Sozial-Hetze-Kam- pagne der SPD in den Jahren vor 1998 nicht jetzt schon vergessen sein? Und es hat halt Konsequenzen, wenn in neureicher Attitüde die führenden Sozialisten arrogant und kaltschnäuzig vor den Kopf gestoßen werden (Helmut Kohl, sicherlich angegriffen, in der Zeit um 1990). Und es hat halt Konsequenzen, wenn für die Eliten nicht jenes Verhalten Praxis ist, dass der großen Mehrheit der Mitmenschen ihr vordergründig weniger glückli- ches Dasein, in der Relation wahrgenommen, erträglich erscheinen lässt. Dynamischer (!) Subjektivismus pur. Es kommt Moral ins Spiel. Die Mit- glieder der Elite, Menschen “wie Du und Ich”, müssen doch Menschen der besonderen Art sein. Sonst funktioniert Gesellschaft ganz einfach nicht. Also: Beliebig viel Kohle und viel Macht den Tüchtigen, den Begab- ten. Aber nur gegen exemplarisches Verhalten - nicht notwendigerwei- se als Hergeben von Reichtum, denn das Nötige ist im Steuerrecht ver- einbart.
  3. Hervorzuheben ist, dass “erforderliche Moralität” noch am wenigsten den Bereich der privaten, d.h., nicht-öffentlichen Lebensführung berührt, obwohl geeigneter - besser: vollendeter - privater Stil unbestritten exemplarisches öffentliches Verhalten sehr erleichtert. Dennoch: Privat ist privat.
  4. Es genügt nicht, von Liberalismus zu schwadronieren, gar schlaue Texte darüber zu verfassen, um sich im konservativen oder sozialistischem Milieu, machbare Leistung verweigernd und kohle-geniessend, kuschelig einzurichten; auch dieses Verhalten ist Elite-Versagen.
  5. Schließlich ist weitergehend klar, dass Gewalt, etwa als Anti-Rambis- mus völlig kontraproduzent wirkt. Dies veranlasst zu bemerken, dass konservative Befürworter der Marktwirtschaft wieder und wieder den liberalen Anliegen, etwa auch der Marktwirtschaft, erhebliche Schwierig- keiten bereiten (CDU/CSU vor 1968, Stoiber-Auftritte seit ca. 1995, US- Präsident G.W.Bush). Liberal-konservative Koalitionen gehören zum potenziellen liberalen Aktionsrahmen; aber Bündnispartner (etwa à la Grünrot) sind Konservative für Liberale ebenso wenig wie Sozialisten .

Jenseits des (ehemaligen) “18%-Projektes” hat also der politische Liberalismus insgesamt eine Aufgabe vor sich, die großes Können erfordert. Lediglich bewusst muss dies alles heute schon sein. Das Weitere werden Ausdauer, Instinkt und Gefühl noch besorgen - kompetentes Verhalten, das nur jeder Einzelne für sich selbst definieren kann, vorausgesetzt.

Auch Leidenschaft ist Menschlichkeit; deftige Polemik (selbstverständlich ein- schließlich Risiken und Nebenwirkungen) muss erlaubt sein. Und liberale Geis- teshaltung? Unbedingt. Je näher an 100%, desto besser.

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Unbestimmtheit